Gutachten von Prof. Stefan Korte* und Prof. Mario Martini** (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer) zeigt: Frequenzverlängerung ohne diskriminierungsfreie Zugangsverpflichtung wäre europarechtswidrig

Büdelsdorf, 14. März 2024. In einem aktuellen Konsultationspapier hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) zuletzt eine Verlängerung der Frequenznutzungsrechte als alternativlosen Vorschlag erörtert („Rahmenbedingungen einer Übergangsentscheidung“). Damit scheint die Frequenzverlängerung für die BNetzA das Mittel der Wahl zu sein, wobei lediglich noch der Verlängerungszeitraum zur Debatte steht.

Parallel zu der anstehenden Entscheidung über den Verlängerungszeitraum hat die BNetzA auch über Auflagen für die exklusive Nutzung der Frequenzen durch die Mobilfunknetzbetreiber zu befinden. Hierzu zählen u.a. Maßnahmen zur Sicherung und Förderung des Wettbewerbs in einem durch Frequenzknappheit geprägten, oligopolistischen Mobilfunkmarkt. Von unabhängigen Mobilfunkanbietern wird dafür seit jeher eine Diensteanbieterverpflichtung als mildestes wirksames Regulierungsinstrument gefordert. Nach früherem Vorbild würde sie den fairen und diskriminierungsfreien Zugang zu den mit der knappen staatlichen Frequenzressource betriebenen Mobilfunknetzen sichern.

Im letzten Konsultationsdokument ist die BNetzA im Bereich der Wettbewerbsförderung weit hinter den ihr zur Verfügung stehenden Maßnahmen zurückgeblieben. Entgegen den Empfehlungen von Monopolkommission, Bundeskartellamt und Verbraucherschützern hat die Bundesnetzagentur dabei die markterprobte Diensteanbieterverpflichtung nicht konsultiert, sondern lediglich eine sogenannte „Angebotspflicht“ erörtert.

Ein von der freenet AG initiiertes Rechtsgutachten („Wettbewerbsförderung nach § 105 TKG im Lichte des EU-Beihilfenrechts“) der Rechtsexperten Univ.-Prof. Dr. Stefan Korte und Univ.-Prof. Dr. Mario Martini, beide Lehrstuhlinhaber an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer, kommt nun zu dem unmissverständlichen Ergebnis, dass die zuletzt erörterte Frequenzverlängerung ohne diskriminierungsfreie Zugangsverpflichtung europarechtswidrig wäre.

Die Professoren kommen zu dem Ergebnis, dass das europäische Beihilfenverbot die Grenze des behördlichen Handlungsspielraums der BNetzA markiert. Im Fall einer Frequenzverlängerung würde sich der Entscheidungsspielraum für die BNetzA im Bereich der Wettbewerbsförderung auf Null reduzieren. Aus europarechtlicher Sicht seien Zugangsverpflichtungen notwendig, um den rechtlich gebotenen Wettbewerb zwischen allen Marktteilnehmern sicherzustellen. Die Ermessensreduzierung bliebe auch im Fall höherer Netzausbauverpflichtungen oder einer angepassten Gebührenordnung bestehen, da solche Maßnahmen den in der Verlängerung liegenden Sondervorteil der Frequenzinhaber gegenüber allen anderen Marktteilnehmern nicht ausgleichen könnten.

Um die Frequenzvergabe europarechtlich sicher durchzuführen, empfehlen Prof. Korte und Prof. Martini die Auferlegung einer Zugangsverpflichtung, die sich im Hinblick auf die Zugangspreise an den Kosten effizienter Leistungserbringung orientiert. Dafür sei es nötig, dass die Mobilfunknetzbetreiber ihre Kostenstruktur gegenüber der BNetzA offenlegen.

„Dienste- und Geschäftskundenanbieter, Stadtwerke und Glasfaser ausbauende Unternehmen sind alle auf faire und diskriminierungsfreie Rahmenbedingungen gegenüber dem Eigenvertrieb der Mobilfunknetzbetreiber angewiesen. Diese Rahmenbedingungen durchsetzbar und rechtssicher auszugestalten, ist die gesetzliche Aufgabe der Bundesnetzagentur. Das veröffentlichte Rechtsgutachten zum EU-Beihilfenrecht zeigt, dass die Bundesnetzagentur im Fall einer Frequenzverlängerung umso stärker die Interessen der Diensteanbieter zu berücksichtigen hat“, so Rickmann von Platen, Vorstand Partnerbeziehungen der freenet AG.

Eine Kurzzusammenfassung des Gutachtens ist hier abrufbar: Gutachten - Kurzzusammenfassung von Univ.-Prof. Dr. Stefan Korte und Univ.-Prof. Dr. Mario Martini

 

* Prof. Dr. Stefan Korte, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insb. Wirtschafts- und Klimaschutzrecht, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer

** Prof. Dr. Mario Martini, Lehrstuhl für Verwaltungswissenschaft, Staatsrecht, Verwaltungsrecht und Europarecht, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer

Pressekontakt:
freenet AG
Christopher Voggt
Deelbögenkamp 4
22297 Hamburg
Tel.: 040 / 513 06 777
[email protected]

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